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Donnerstag, 30.09.2004

 Westfalenpost


Große Liebesgeschichte: "Ohne Dich ist alles nur ein Schatten" Deutschlandpremiere im "Blauen Salon": Eine einfühlsam vorgetragene Lesung

 

"Ohne Dich ist alles nur ein Schatten" - Deutschlandpremiere im Blauen Salon. Eine faszinierende Lesung. Foto: Sven Kulka

Brilon. Der "Blaue Salon" präsentiert eine große und tragische Liebesgeschichte. Die Deutschlandpremiere der Lesung "Ohne Dich ist alles nur ein Schatten" wird fantastisch und einfühlsam vorgetragen.

Kerzenlicht taucht den Raum in seichtes Licht, an den hohen Wänden hängen - geschmackvoll dekoriert - blaue Seidentücher: Die geeignete Atmosphäre für einen unvergessenen Abend im "Blauen Salon". Die Schauspieler Carole Schmitt und Jan Strathmann lesen die wahre Geschichte "Ohne Dich ist alles nur ein Schatten". "Es ist eine ganz große, tragische Liebesgeschichte", sagt Strathmann nach der Aufführung. Mehr als 50 Besucher hören gespannt den Briefwechsel zwischen Käthe Schröder-Aufrichtig und Hans Aufrichtig.

Flucht aus Deutschland Käthe wird im Jahr 1893 als Tochter eines preußischen Beamten in Stendal geboren, beginnt bereits 17-jährig ihre steile schauspielerische Karriere. Alles in ihrem Leben ist perfekt. In den 20er Jahren lernt sie den Journalisten Hans Aufrichtig kennen und lieben. Hans ist Jude. 1927 heiraten sie und sind glücklich. Käthe gibt die Schauspielerei auf und probiert sich auf einem neuen Gebiet aus: Der Schriftstellerei. Hier lässt der Erfolg allerdings auf sich warten. Mittlerweile haben die Nazis die Macht in Deutschland übernommen und die Rassengesetze werden wirksam. Die Umstände für Hans werden unhaltbar und sie flüchten nach Italien.

Sichtbar berührt erzählen Schmitt und Strathmann die bewegende Geschichte des Ehepaars Schröder-Aufrichtig. Zwei Jahre lang leben Sie unbehelligt in Rom, bis sie auch dort verfolgt werden: Sie werden in unterschiedlichen Lagern interniert.

Anders als in Deutschland ist Briefkontakt erlaubt: "Es gibt dort zwei Bäume - hoch und schlank, ich nenne sie Käthchen und Hänschen", schreibt Käthe ihrem Mann - poetisch, in tiefer Verzweiflung und in tiefer Liebe. Diese Briefe sind Grundlage für die Lesung, die Carole Schmitt von ihrer Tante, einer ehemaligen Freundin von Käthe Schröder-Aufrichtig, Jahre später erbt. Die Schriftstücke ziehen Schmitt in ihren Bann und lassen sie nicht wieder los, bis sie und der Autor Jan Strathmann das Stück daraus inszenieren. 1943 werden Käthe und Hans wieder vereint.

Leben in Angst Sie dürfen in einem entlegenen Bergdorf in einer Art offenen Vollzug in erbärmlichen Zuständen bei den Einheimischen leben. Immer in der Angst vor den Deutschen Truppen verstecken sie sich am Ende des Krieges ein Jahr im Hochgebirge Italiens. Erst nach Kriegsende gehen sie zurück nach Rom und setzen nie mehr einen Fuß auf Deutschen Boden.

Die Zeiten in Europa ändern sich, doch Käthe Schröder Aufrichtig will und kann sich an die neue Zeit nicht anpassen. Sie schreibt weiter im Geist der Weimarer Republik - ohne Erfolg.

Emotional vorgetragen "Ihr Leben war ein schmerzvoller und lebenslanger Kampf um Beachtung und Anerkennung", sagt Carole Schmitt nach dem Stück. Hans Aufrichtig arbeitet als Auslandskorrespondent für die "Welt". 1969 stirbt Hans, die Liebe ihres Lebens. Sie zieht sich zurück in ihre Einsamkeit und überlebt Hans noch elf Jahre.

Georg Lange begleitet die Schauspieler mit wunderschönen Stücken am Klavier.

Eine wahre Geschichte in denen Augenblicke tiefer Verzweiflung und die große Liebe im Mittelpunkt stehen. Eine wunderbare Liebesgeschichte, wie es sie wohl nur selten gibt: Eine Frau, die alles für ihren Mann aufgibt und sich aus Liebe in Todesgefahr begibt.

In viel Detailarbeit aufgearbeitet und fantastisch einfühlsam vorgetragen von Jan Strathmann und Carole Schmitt.

30.09.2004    Von Sven Kulka  - Copyright: Westfalenpost